Die Bürgerinitiativen für eine lebenswerte Marienburger Höhe und für ein grünes Itzum kämpfen seit Jahren für den Erhalt des Wasserkamps und eine Reduzierung der Verkehrsbelastung an der Marienburger Straße.
Dabei geht es um den Schutz des FFH-Naturschutzgebietes am Rand des geplanten Baugebietes sowie darum, 350 000 qm wertvollen Lössboden vor unnötiger Versiegelung zu bewahren.
Damit verknüpft ist jedoch auch der Appell für eine dringend notwendige ressourcenbewusstere Stadtplanung und eine Einbeziehung der Interessen aller Hildesheimer/innen.
Alle fünf Jahre wird kommunal gewählt, ansonsten ist Ruhe. Der amtierende OB Dr. Meyer hat sich nun sogar stillschweigend für eine Amtszeit von stolzen zehn Jahren wählen lassen – von gut 30 % der Wahlberechtigten. Der Stadtrat wiederum, in dem letztlich über die Geschicke der Stadt entschieden wird, setzt sich zusammen aus etwa 50 Personen.
Angesichts dieser Proportionen würde echte Demokratie versuchen, an Stellen, an denen es möglich ist, den eigentlichen Souverän, in dem Fall die Hildesheimerinnen und Hildesheimer, in Entscheidungen, die alle betreffen, nach Möglichkeit mehr einzubeziehen – eine Onlinepetition gegen die Bebauung verschwand nach Übergabe jedoch diskret an einem Ablageort.
Im Fall des Wasserkamps wären Profiteure des Projekts diejenigen Gutverdienenden, die sich dort die unverbaubare Aussicht sichern können, sowie theoretisch auch diejenigen Personen, die endlich ein eigenes Dach über den Kopf bekommen, wenn die sagenumwobenen „Sozialwohnungen“ dort errichtet wurden – gerade die letzteren Wohneinheiten können jedoch problemlos andernorts entstehen. Zuletzt wären weitere Nutznießer des Projekts die Investoren.
Es bezahlt für die unverbaubare Aussicht der Erstgenannten jedoch hauptsächlich der Souverän – wie auf der Seite Nachhaltige Stadtplanung aufgeführt, ist das Projekt bereits im Vorfeld ein Millionengrab.
So bleibt es doch fraglich, welche Interessen vornehmlich hinter der geplanten Bebauung des Wasserkamps stehen – die der Hildesheimerinnen und Hildesheimer scheinen es nicht zu sein.
Direkt neben dem geplanten Baugebiet liegen das Flora-Fauna-Habitat als Naturschutzgebiet höchster Stufe (Natura 2000) sowie das Naturschutzgebiet Am roten Steine.
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-)herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse.
Somit steht das an den Wasserkamp stoßende Gebiet unter besonderem Schutz, sein Zustand darf gesetzlich nicht verändert und muss tatsächlich sogar aktiv verbessert werden. Ein direkt angrenzendes großes Wohngebiet ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht geeignet, dies zu gewährleisten. Die notwendige Verträglichkeitsprüfung, die am Anfang aller Untersuchungen stehen müsste, wurde jedoch bisher nicht durchgeführt – die vorab anfallenden Kosten treibt dieses Zurückstellen unnötig noch weiter in die Höhe, als wenn sie gleich eingangs durchgeführt würde, aufgrund der nicht geprüften Möglichkeit, dass womöglich gar nicht gebaut werden kann.
Mögliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets wären etwa durch Licht- und Lautemissionen denkbar, durch Auswirkungen auf den Boden und verstärkte Nutzung des Gebietes durch zukünftige Anwohner/innen, sofern es nicht, dann für alle, abgesperrt würde, um zu seinem Schutz die Nutzung als Naherholungsgebiet zu verhindern. Selbst bei einer tatsächlichen Sperrung kann eine Beeinträchtigung durch die genannten und weitere Faktoren jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Unabhängig vom Schutz des Gebiets selbst ist der Wasserkamp auch aus dem Grund unbebaut zu belassen, da ansonsten der Zufluss des Grundwassers in die Innerste sowie die Belüftung der Innenstadt, ebenfalls über die Innerste, beeinträchtigt werden können. Die mit der Bebauung einhergehende Flächenversiegelung des Bodens mit Beton an sich ist schon aus pragmatischen Gründen wie den möglichen Folgen von Dürreschäden und größerer Hochwassergefahr abzulehnen.
Da das FFH-Gebiet auch europäischem Recht unterliegt, legten die Bürgerinitiativen Anfang 2021 Beschwerde gegen das Vorgehen der Verwaltung bei der Europäischen Kommission ein.
Wohnraumknappheit ist in aller Munde, nun will die Stadtverwaltung Hildesheim den Wasserkamp in Itzum zeitnah zu einem neuen großen Baugebiet mit 600 oder neuerdings sogar 700 Wohneinheiten machen.
Hört sich gut an? Das soll es auch.
Nicht erwähnt wird dabei, dass dieses Projekt für viele Einwohner/innen tatsächlich negative Auswirkungen hätte. Die ergibt sich indirekt dann, wenn viele Millionen aus dem begrenzten Stadthaushalt bereits im Zuge der Vorprüfungen ausgegeben werden und dann an anderer Stelle fehlen, was bei Nutzung eines alternativen Areals nicht anfallen würde; vergleichbar entstehen unnötige Folgekosten.
Aus einem neuen Stadtviertel in Itzum erfolgt eine noch größere Lärmbelastung der Anwohner/innen der hinführenden Straßen. Die Bebauung des Areals erhöht zudem die Gefahr von Hochwasser an der Innerste nahen Orten in der Stadt, da durch Versiegelung die Funktion des Wasserkamps, Wasser zu halten, eingeschränkt wird. Auch die Belüftung der Innenstadt über die Innerste kann nur über einen unbebauten Wasserkamp erfolgen. In Zeiten, in denen ein Hitzerekord den anderen jagt, ist diese Leistung des Wasserkamps nicht zu unterschätzen.
Die klimaschädlichen Folgen für die ganze Stadt und die ökologischen Schäden dieses Ortes als Baugebiet insgesamt werden vergleichbar heruntergespielt – nicht zuletzt ist die Gefährdung des angrenzenden Flora-Fauna-Habitats und Naturschutzgebietes Am roten Steine nicht hinnehmbar und verstößt gegen geltendes EU-Recht zur Bewahrung entsprechender Schutzgebiete.
Eine greifbarere Illustration der Nutzlosigkeit des Bauvorhabens liegt seit Ende 2021 durch den neuesten Wohnungsmarktbericht der Niedersächsischen Förderbank vor – spätestens ab 2025 werden die Sterbefälle die Geburten in Niedersachsen sehr deutlich übersteigen. Danach sinkt die Bevölkerungszahl. Neubauten werden allenfalls noch als Ersatzbedarf für überalterte Gebäude gebraucht. Ersatzbedarf muss aber nicht „auf dem grünen Acker“ wie dem Wasserkamp geschaffen werden, sondern in den alten, gewachsenen Quartieren (https://www.nbank.de/Blickpunkt/Neuer-Wohnungsmarktbericht-2021-2022-erschienen.jsp).
Argumente für eine Bebauung lassen sich letztlich nur finden aus Sicht derjenigen Personen, die zuletzt die hochpreisigen Grundstücke mit unverbaubarem Blick dort erwerben dürfen, sowie aus der der Investoren dieser Bauvorhaben, also Nutznießer der entsprechenden Immobiliengeschäfte. Theoretisch würden auch Personen profitieren, die dann dort ihre Sozialwohnungen beziehen dürften, jedoch ließe sich der entsprechende Bedarf auch anderweitig decken, weshalb dies tatsächlich keinesfalls Argument für eine Bebauung ist. Bei den aktuellen Preisentwicklungen auch für Baukosten ist zudem mehr als zweifelhaft, dass solche Wohnungen dort überhaupt bezahlbar – und damit sozial – wären.
So ist – vergleichbar den leeren Versprechungen bzgl. des Bahnübergangs am Ostend – auch die Inaussichtstellung dieser Sozialwohnungen scheinbar hauptsächlich dafür geeignet, Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erreichen. Wenn diese nicht von selbst kommt, kann auch schon mal etwas nachgeholfen werden: So wurde 2022 eine Umfrage durchgeführt, wie der geneigte Souverän denn die Gestaltung des zukünftigen Wohnviertels Wasserkamp wünsche – dass die Durchführbarkeit noch nicht feststeht und sich viele Teilnehmer/innen gegen die Bebauung aussprachen, schien bei der Auswertung nicht von Relevanz.
Auf diesen Seiten stellen wir die komplexen Hintergründe der geplanten Bebbaung, die entsprechenden Problematiken und die Schwerpunkte unserer diesbezüglichen Arbeit vor.
Ankündigungen zu Veranstaltungen etc. finden sich unter Aktuelles.
Unterkategorien
Einzelseiten
In diese Kategorie die Beiträge, die als eigenständige Webpages funktionieren sollen.
Seite 1 von 4