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Wohnraumknappheit ist in aller Munde, nun will die Stadtverwaltung Hildesheim den Wasserkamp in Itzum zeitnah zu einem neuen großen Baugebiet mit 600 oder neuerdings sogar 700 Wohneinheiten machen.
Hört sich gut an? Das soll es auch.
Nicht erwähnt wird dabei, dass dieses Projekt für viele Einwohner/innen schon jetzt negative Auswirkungen hat: Millionen Euro aus dem begrenzten Stadthaushalt wurden bereits im Zuge von Geländeaufkauf und Vorprüfungen ausgegeben, während in der Innenstadt die Mülleimer überquellen wegen unterbesetzter Stadtreinigung. Auch für ein neues Schwimmbad „hat die Stadt kein Geld“ – für hydraulische Prüfungen allerdings schon, und offenbar auch für vergleichbar entstehende unnötige Folgekosten für Errichtung und Erhalt von Kanalisation und anderer Infrastruktur – doppelt, denn diese bestehen bei bereits angeschlossenen möglichen Baugebieten ohnehin.
Bei Nutzung erschlossener Areale fallen diese Kosten nicht an und könnten der Allgemeinheit zugutekommen.
Aus einem neuen Stadtviertel in Itzum erfolgt zudem eine noch größere Lärm- und Feinstaubbelastung der Anwohner/innen der hinführenden Straßen. Die Bebauung des Areals erhöht die Gefahr von Hochwasser an Innerste-nahen Orten in der Stadt, da durch Versiegelung die Funktion des Wasserkamps, Wasser zu halten, eingeschränkt wird. Auch die Belüftung der Innenstadt über die Innerste kann nur über einen unbebauten Wasserkamp erfolgen. In Zeiten, in denen ein Hitzerekord den anderen jagt, ist diese Leistung des Wasserkamps nicht zu unterschätzen.
Die klimaschädlichen Folgen für die ganze Stadt und die ökologischen Schäden dieses Ortes als Baugebiet insgesamt werden heruntergespielt – nicht zuletzt ist die Gefährdung des angrenzenden Flora-Fauna-Habitats und Naturschutzgebietes Am roten Steine nicht hinnehmbar und verstößt gegen geltendes EU-Recht zur Bewahrung entsprechender Schutzgebiete.
Eine greifbarere Illustration der Nutzlosigkeit des Bauvorhabens liegt seit Ende 2021 durch den neuesten Wohnungsmarktbericht der Niedersächsischen Förderbank vor – spätestens ab 2025 werden die Sterbefälle die Geburten in Niedersachsen sehr deutlich übersteigen. Danach sinkt die Bevölkerungszahl. Neubauten werden allenfalls noch als Ersatzbedarf für überalterte Gebäude gebraucht. Ersatzbedarf muss aber nicht „auf dem grünen Acker“ wie dem Wasserkamp geschaffen werden, sondern in den alten, gewachsenen Quartieren (https://www.nbank.de/Blickpunkt/Neuer-Wohnungsmarktbericht-2021-2022-erschienen.jsp).
Argumente für eine Bebauung lassen sich letztlich nur finden aus Sicht derjenigen, die zuletzt die hochpreisigen Grundstücke mit unverbaubarem Blick dort erwerben dürfen, sowie der Investoren dieser Bauvorhaben, also Nutznießer der entsprechenden Immobiliengeschäfte. Theoretisch würden auch Personen profitieren, die dann dort die geplanten Sozialwohnungen beziehen dürften, deren Errichtung rein preislich jedoch jetzt schon nicht mehr umsetzbar und somit mehr als zweifelhaft ist. Zudem ließe sich der entsprechende Bedarf auch anderweitig decken – 1300 leer stehende Wohnungen in Hildesheim, Innenstadtverdichtung –, also nur scheinbar Argument für eine Bebauung.
So ist – vergleichbar den leeren Versprechungen bzgl. des Bahnübergangs am Ostend – auch die Inaussichtstellung dieser Sozialwohnungen scheinbar hauptsächlich dafür geeignet, Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erreichen. Wenn diese nicht von selbst kommt, kann auch schon mal etwas nachgeholfen werden: 2022 wurde eine Umfrage durchgeführt, wie der Bürger die Gestaltung des zukünftigen Wohnviertels Wasserkamp wünsche – dass die Durchführbarkeit noch nicht feststeht und sich viele Teilnehmer/innen gegen die Bebauung aussprachen, schien bei der Auswertung nicht von Relevanz.
Auf diesen Seiten stellen wir die komplexen Hintergründe der geplanten Bebauung, die entsprechenden Problematiken und Schwerpunkte unserer diesbezüglichen Arbeit vor.
Argumente für die Erhaltung eines unbebauten Wasserkamp kurz zusammengefasst:
1) Der Gewinn an Wohnraum steht nicht im Verhältnis zu der Zerstörung der Natur an dieser Stelle, 2) Alternative Flächen mit bereits vorhandener Infrastruktur wurden nicht ausreichend geprüft, 3) Durch die immensen Planungs- und später Baukosten könnten nur Wohlhabende dort bauen, auch wenn im Vorfeld anderes behauptet wird – ein Luxusviertel am Stadtrand auf Kosten ihrer anderen Bewohner, 4) Der unbebaute Wasserkamp hat als Ackerfläche zentrale Bedeutung als Grundwasserspeicher: Bei einer Versiegelung steigt die Gefahr von Hochwasser in der Innenstadt sowie 5) als (über die Innerste) Belüftungsachse der Stadt. Dort erfolgt bei einem bebauten Wasserkamp eine größere Aufheizung, während aktuell dagegen dringend Hitzeschutzkonzepte gefordert werden, 6) Ein großes Wohngebiet an dieser Stelle bedeutet eine nicht hinnehmbare und sogar ungesetzliche Beeinträchtigung des angrenzenden FFH-Gebiets oberhalb der Innerste, 7) die Anwohner/innen der zukünftigen Zubringerstraßen sind schon jetzt einer nachweislich zu hohen Lärm- und Feinstaubbelastungbelastung ausgesetzt, was sich durch einen gesteigerten Fahrzeugverkehr noch steigern würde, und nicht zuletzt 8) Die Versiegelung von 350 000 Hektar fruchtbaren Ackerbodens ist nicht zeitgemäß: Auch in Hildesheim ist der Klimawandel angekommen – Überschwemmungen, Hochwasser, Dürreperioden, Extremhitze, Tornados (Ostkreis). Das geplante Baugebiet ist nicht nur unsozial, sondern auch noch entgegengerichtet einer dringend notwendigen Klimaschutzpolitik
Ankündigungen zu Veranstaltungen etc. finden sich unter Aktuelles.
Panoramablick über den Wasserkamp
Friedrich Schmidt aus Itzum hat ein Panoramabild vom Wasserkamp hergestellt. Unter diesem Link zeigt er, wie weit und offen die Landschaft ist und was uns nach den Plänen der Stadtverwaltung abhanden kommen soll:
https://friedrich-schmidt.eu/panorama/Hildesheim-2018/wasserkamp/index.html
(c) Friedrich Schmidt